Banner Ausblenden
Kleines Logo

Willkommen auf PSI-Online

Sie befinden sich in: Unterrichtsangebote Fächer Fachbereich II Geschichte Aktionen und Exkursionen Ausstellungs Eröffnung "Feind ist, wer anders denkt" Mainz, 2017

Ausstellungs Eröffnung "Feind ist, wer anders denkt" Mainz, 2017

„Unrecht ist keine Naturkatastrophe“

Abiturienten der PSI zum Tag der Deutschen Einheit bei Ausstellungseröffnung in Mainz

 

„Ob sie wohl die Einschulung ihrer Tochter erleben werde? Wir haben da unsere Zweifel.“ So sei ihm damals im Gefängnis von der Stasi, dem Ministerium für Staatssicherheit in der ehemaligen DDR, gedroht worden, berichtet Roland Jahn. Die Abiturientinnen und Abiturienten der Pestalozzischule sind entsetzt, einige auch empört über die Geschichten, die der Mann auf dem Podium zu erzählen hat. Jahn war kritischer Journalist in der DDR, Bürgerrechtler und damit ein lohnendes Ziel für die Stasi. Heute ist er der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und damit nach Joachim Gauck und Marianne Birthler der dritte Leiter jener Behörde, die zugleich den Aktenbestand der Stasi erschließen und über das Treiben des staatlichen Überwachungs- und Unterdrückungsapparats aufklären soll.

Einen Tag vor der offiziellen Einheitsfeier eröffnet das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum Mainz eine Ausstellung der Jahn-Behörde mit dem Titel „Feind ist, wer anders denkt“ über die Arbeit der Staatssicherheit – natürlich in der ehemaligen DDR, aber eben auch im Westen, auch in Rheinland-Pfalz, auch in Hessen.

Das Podium der Eröffnung ist prominent besetzt: Außer Jahn sind Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und als amtierende Bundesratspräsidentin Gastgeberin der Einheitsfeier, und Peter Kohlgraf, der frisch geweihte Bischof von Mainz, gekommen, um mit rund 80 Schülerinnen und Schülern des Maria-Ward-Gymnasiums Mainz und der Pestalozzischule Idstein zu diskutieren. Von Fahrten auf der Hochsicherheitsstrecke nach Westberlin oder vom Schmuggel verbotener theologischer Fachliteratur für die Priesteramtskandidaten in der DDR berichten die „Wessis“ Dreyer und Kohlgraf. Die eindrücklichsten Geschichten aber weiß Jahn zu berichten: von 15-jährigen, die Eltern und Freunde bespitzelten, weil sie selbst massiv unter Druck gesetzt worden waren, von seiner Haft, aber auch von der Solidarität der Dissidenten beim Kartoffelschälen „im Knast“.

Schnell kommen die Schülerinnen und Schüler aber auch zu aktuellen Fragen: Wie soll man sich verhalten angesichts heutiger Menschenrechtsverletzungen? Wie ist die Rolle der Kirchen in einer Diktatur, aber auch in einer demokratischen Gesellschaft? Warum wählen so viele Menschen heute Parteien, die wieder schnell zur Hand sind mit der Unterdrückung Andersdenkender? Und wo ist die Grenze zwischen Überwachung zur Terrorabwehr und einem unmenschlichen Unterdrückungsapparat?

Alle drei Gesprächspartner geben sich viel Mühe mit den Schülerfragen, vermeiden einfache Antworten und sind sich am Ende darin einig, dass gerade in der Vorläufigkeit der Antworten, in der Möglichkeit zum Nachjustieren und in der Diskussion im gegenseitigen Respekt der große Vorteil demokratischer Verfahren liegt.

„Unrecht ist keine Naturkatastrophe“, sagt Jahn, „sondern menschengemacht. Und deshalb können Menschen es auch verändern.“ Wie nötig solche Veränderungen sind und Menschen, die sich für sie einsetzen, zeigt die Ausstellung mit großer Eindringlichkeit.

 

Die Ausstellung „Feind ist, wer anders denkt – Eine Ausstellung über die Staatssicherheit der DDR“ ist noch bis zum 12. Dezember 2017 im Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum Mainz zu sehen. Einen ersten Eindruck gibt es hier.

1PA0236161PA023653IMG_0106IMG_0743IMG_3213IMG_5146IMG_5510IMG_6558IMG_80861PA023607

Erstellt: Christian Klein (05.10.2017) Letzte Änderung: Christian Klein (09.10.2017)